Medizinische Beratung

Die Medizinische Beratung der KVMV berät Ärzte leitliniengerecht zu medizinischen, pharma-kologischen, wissenschaftlichen und verordnungsrelevanten Themen der ärztlichen Tätigkeit. Im Mittelpunkt steht die Verordnung von Leistungen zulasten der GKV entsprechend der gesetzlichen Regelungen. Die Beratung der Verwaltung und des KV-Vorstandes, Gremienarbeit, Entwicklung von Arbeitshilfen und Öffentlichkeitsarbeit sind weitere Schwerpunkte der Abteilung.

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Aktuelle Verordnungsinformation

Diclofenac-haltige Arzneimittel

30.09.13, 13:40
  • Arzneimittel

Der europäische Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) kommt nach Überprüfung der kardiovaskulären Sicherheit von Diclofenac (systemische Verabreichungsform) durch den europäischen Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) zu folgenden Schlussfolgerungen:

  • Der Nutzen von Diclofenac überwiegt die Risiken.
  • Es gibt aber ein erhöhtes Risiko arterieller thrombotischer Ereignisse, das mit dem von selektiven COX-2-Hemmern vergleichbar ist.
  • Das PRAC hat die Aufnahme folgender neuer Kontraindikationen in die Produktinformationen empfohlen:
    • bestehende Herzinsuffizienz, NYHA Stadien II-IV,
    • ischämische Herzerkrankung,
    • periphere Arterienerkrankungen,
    • zerebrovaskuläre Erkrankungen.
    • Patienten mit signifikanten Risikofaktoren für kardiovaskuläre Ereignisse wie beispielsweise Hypertonie, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus, Rauchen sollten nur unter sorgfältiger Abwägung mit Diclofenac behandelt werden.

Generell sollte bei allen Patienten die niedrigste wirksame Dosis für den kürzesten Zeitraum angewendet werden.

Die Bundesärztekammer hat im Deutschen Ärzteblatt, Jg. 110, Heft 29-30, 22. Juli 2013, die Mitteilung „Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) im Vergleich: Risiko von Komplikationen im oberen Gastrointestinaltrakt, Herzinfarkt und Schlaganfall “ (UAW -News International) der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) veröffentlicht. Das Fazit und die Empfehlung der AkdÄ lauten:
„Die Einnahme von NSAR geht mit einem deutlichen Risiko für Komplikationen im oberen Gastrointestinaltrakt sowie mit einem geringeren Risiko für Herzinfarkt einher. Dies gilt sowohl für die „klassischen“ NSAR als auch für die COX-2-Hemmer (Coxibe). Die aktuellen Metaanalysen legen den Schluss nahe, dass sich die jeweiligen Risiken für einzelne NSAR zum Teil unterscheiden. Obwohl eine direkte Übertragung der Ergebnisse in klinische Handlungsempfehlungen problematisch ist, können einige Aspekte bei der Auswahl eines NSAR nützlich sein.

Für das in Deutschland eher selten verordnete Naproxen zeigte sich ein erhöhtes Risiko für obere gastrointestinale Komplikationen, jedoch kein erhöhtes Risiko für akuten Myokardinfarkt. Bei Patienten mit Indikation für einen NSAR und einem kardiovaskulären Risikoprofil kommt daher die Verordnung von Naproxen in Verbindung mit einem gastroprotektiven Medikament in Betracht. Allerdings sollte bedacht werden, dass Naproxen das kardiovaskuläre Risiko vermutlich deshalb nicht beeinflusst, weil es über eine Hemmung der Cyclooxygenase-1 die Thrombozytenaggregation in ähnlicher Weise hemmt wie Acetylsalicylsäure. Dieser Effekt tritt jedoch möglicherweise nur bei hohen Dosierungen (1000 mg pro Tag) auf und nicht bei den niedrigen, nicht rezeptpflichtigen Dosierungen.

Für Ibuprofen, das in Deutschland am häufigsten verordnete NSAR, ist die Datenlage nicht eindeutig. Während die Beobachtungsstudien ein gepooltes Risiko für obere gastrointestinale Komplikationen zeigen, das bei den hohen Dosierungen dem von Diclofenac ähnelt, spricht die Metaanalyse der randomisierten Studien für ein höheres Risiko unter Ibuprofen als unter Diclofenac. Das Risiko für einen Myokardinfarkt wird in den Beobachtungsstudien durch Ibuprofen nicht beeinflusst. Dagegen zeigen die randomisierten Studien eine Erhöhung des Risikos, das jedoch – auch wegen der Interaktion mit Acetylsalicylsäure – weiterer Untersuchungen bedarf. Die AkdÄ hält bei der derzeitigen Datenlage eine Dosierung eher am unteren Ende des Dosisbereichs für angezeigt, um die Risiken zu verringern.

Diclofenac zeigt neben dem bekannten Risiko für obere gastrointestinale Komplikationen ein kardiovaskuläres Risiko, das in etwa dem der Coxibe entspricht, insbesondere wenn längerfristig hohe Dosen (150 mg pro Tag) eingesetzt werden. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat daher kürzlich empfohlen, dass Patienten mit schweren kardiovaskulären Erkrankungen (z.B. Herzinsuffizienz, Herzinfarkt oder Schlaganfall in der Vorgeschichte) Diclofenac nicht anwenden sollen. Bei Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren (z.B. arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus oder Rauchen) soll es nur nach sorgfältiger Abwägung eingesetzt werden.“

(aus Journal der KVMV, September 2013, S. 12)

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