Recht und Verträge

Hier stehen die gesetzlichen und vertraglichen Erfordernisse für die vertragsärztliche Versorgung im Mittelpunkt. Sie finden zusammengefasst Satzungen und Richtlinien, ausgewählte Verträge und Vereinbarungen speziell für unser Land als auch auf Bundesebene. Dazu bietet die KVMV rechtliche Informationen zu verschiedenen Themen des Praxisalltages an.

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Strafbarkeit sogenannter „Kick-back-Vereinbarungen“

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 27. April 2004 (Az.: 1 StR 165/03) festgestellt, dass eine Vereinbarung sogenannter “Kick-backs” zwischen niedergelassenen Augenärzten und den Lieferanten von Augenlinsen bei einer Verordnung über einen Apotheker einen Betrug zum Nachteil der Kostenträger darstellen kann.

Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof in dem gleichen Beschluss entschieden, dass das Verhalten eines Vertragsarztes im Zusammenhang mit der Verordnung von Arzneimitteln den Straftatbestand der Untreue erfüllen kann. Die in dem Strafverfahren angeklagten niedergelassenen Augenärzte bezogen bei dem mitangeklagten Großhändler Augenlinsen und Medikamente, die zur Durchführung ambulanter Operationen zur Behandlung des grauen Stars benötigt wurden. Der mitangeklagte Großhändler bot den Ärzten umsatzbezogene Rückvergütungen (sogenannte „Kickbacks“) an, die von diesen angenommen und in bar ausgezahlt wurden.

Die Lieferung der Linsen erfolgte über einen gutgläubigen Apotheker. Dabei stellte der Großhändler dem Apotheker den vorher zwischen ihm und den Augenärzten abgesprochenen Preis in Rechnung. Der Apotheker berechnete diesen Betrag dann seinerseits den Augenärzten weiter. Im Rahmen ihrer Abrechnung ließen sich die Augenärzte den Betrag als Sachkosten im Zusammenhang mit der Durchführung ambulanter Operationen in voller Höhe erstatten und erhielten anschließend von dem mitangeklagten Großhändler jeweils die umsatzbezogene Rückvergütung. Der Bundesgerichtshof hat hier das Verhalten der Augenärzte als Betrug zum Nachteil der Kostenträger bewertet, weil die Abrechnung des vollen Preises je Augenlinse die stillschweigende Erklärung enthalte, dass diese Kosten tatsächlich und endgültig angefallen seien.

Hinsichtlich der Medikamente wurde so vorgegangen, dass die Augenärzte diese wiederum bei dem mitangeklagten Großhändler im Wege einer kassenärztlichen Verordnung bestellten. Die Auslieferung erfolgte über den gutgläubigen Apotheker, bei dem das Rezept verblieb. Anschließend reichte der Apotheker die Rezepte mit den vom Großhändler vorgegebenen überhöhten Preisen bei der Verrechnungsstelle für Apotheker ein, welche eine Aufteilung auf die jeweils betroffenen Krankenkassen vornahm. Hier wurde das Verhalten der Ärzte als Untreue zum Nachteil der jeweiligen Krankenkassen gewertet. Die Kassenärzte träten bei der Verordnung von Arzneimitteln als Vertreter der Krankenkasse auf und gäben mit Wirkung für und gegen die Krankenkasse Willenserklärungen zum Abschluss eines Kaufvertrages über die verordneten Medikamente ab. Durch das Zusammenwirken mit dem Großhändler hätten sie ihre Vertretungsmacht missbraucht. Da die Vorlage der Verordnung mit den Preisvorgaben in Kenntnis bzw. in Erwartung der Rückvergütungen erfolgt sei, läge darin auch ein Verstoß gegen die im Rahmen des Untreuetatbestandes vorausgesetzte Vermögensbetreuungspflicht, weil die verordneten Medikamente – wie die Ärzte gewusst hätten – um die Rabattanteile überteuert gewesen seien.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist insbesondere im Hinblick auf den angesprochenen Tatkomplex der Medikamentenverordnung von besonderem Interesse, als hier erneut die Auffassung vertreten wird, dass ein Vertragsarzt im Zusammenhang mit der Verordnung von Medikamenten den Straftatbestand der Untreue gegenüber der jeweils betroffenen Krankenkasse erfüllen kann. Dies gilt nicht nur dann, wenn wissentlich in Absprache mit einem Großhändler überteuerte Medikamente verordnet werden. Vielmehr kann das Verhalten eines Vertragsarztes auch dann den Straftatbestand der Untreue erfüllen, wenn dieser wissentlich Medikamente verordnet, die für die Behandlung des jeweiligen Patienten nicht notwendig sind. So verhielt es sich in dem einer Entscheidung vom 25. November 2003 zugrundeliegenden Fall, wo ein Vertragsarzt einem Patienten, der sich aufgrund seines Gesundheitszustandes vorwiegend parenteral ernähren musste, das Doppelte und später sogar das Dreifache der täglichen Kalorienbedarfsmenge verordnete, ohne dass hierfür eine ärztliche Indikation vorgelegen hätte.

 (aus Journal der KVMV, März 2005, S. 6)

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