Die neue Heilmittel-Richtlinie (HM-RL) ist zum 1. Januar 2021 in Kraft getreten. Nachfolgend sind wesentliche Neuerungen, welche seit 1. Januar 2021 gelten, aufgeführt.
Seit 1. Januar 2021 gibt es mit dem Muster 13 nur noch ein Verordnungsformular für alle Heilmittel. Die Einführung erfolgte per Stichtagsregelung. Dieser Vordruck gilt für die Heilmittelbereiche Physiotherapie, Podologie, Ergotherapie, Ernährungstherapie, Stimm,- Sprech,- Sprach- sowie Schlucktherapie. Bislang waren hierfür drei verschiedene Vordrucke (Muster 13, 14 und 18) erforderlich. Auf dem Formular ist anzugeben, für welchen Heilmittelbereich die Verordnung ausgestellt wird.
Eine Ausfüllhilfe (Auszug aus der Vordruckvereinbarung) finden Sie im Internetangebot der KBV.
Es gibt einen Verordnungsfall und daran gebunden eine sogenannte orientierende Behandlungsmenge. Diese lösen die bisherige Regelfallsystematik ab. Es entfällt die Notwendigkeit, zwischen Erstverordnung, Folgeverordnung und Verordnung außerhalb des Regelfalls zu unterscheiden.
Ein Verordnungsfall umfasst alle Heilmittelbehandlungen für eine Patientin oder einen Patienten aufgrund derselben Diagnose (d.h. die ersten drei Stellen des ICD-10-GM-Codes sind identisch) und derselben Diagnosegruppe nach Heilmittelkatalog. Es können weitere Verordnungsfälle ausgelöst werden, wenn mehrere voneinander unabhängige Diagnosen derselben oder unterschiedlicher Diagnosegruppen auftreten. Ein Verordnungsfall bezieht sich immer auf den verordnenden Arzt. Somit erfolgt auch die Bemessung der orientierenden Behandlungsmenge immer arztbezogen.
Ein halbes Jahr nach der zuletzt ausgestellten Verordnung endet ein Verordnungsfall. Das bedeutet, falls das Datum der letzten Verordnung sechs Monate oder länger zurück liegt, wird ein neuer Verordnungsfall ausgelöst. Somit ist nicht mehr das Datum der letzten erfolgten Behandlung, sondern das Datum der letzten Verordnung durch den Arzt für die Bemessung maßgeblich.
Die Formulierung „orientierende Behandlungsmenge“ soll hervorheben, dass sich der Arzt bei der Heilmittelverordnung an dieser Menge orientiert, aber je nach medizinischem Bedarf des Patienten davon abweichen kann. Bei Überschreitung ist eine Begründung auf der Verordnung nicht erforderlich. Die Dokumentation mit den individuellen medizinischen Gründen erfolgt in der Patientenakte.
Für die Heilmittelbereiche Podologische Therapie und Ernährungstherapie sind keine orientierenden Behandlungsmengen festgelegt.
Höchstmenge je Verordnung
Die zulässige Höchstmenge an Behandlungseinheiten je Verordnung ist im Heilmittelkatalog festgelegt (z.B. Wirbelsäulenerkrankungen max. 6 Einheiten je Verordnung).
Abschaffung des „behandlungsfreien Intervalls“
Seit 1. Januar 2021 entfällt das sogenannte „behandlungsfreie Intervall“. Das bedeutet, eine kontinuierliche Behandlung ohne vorherige Genehmigung der Krankenkasse ist somit möglich. War die Gesamtbehandlungsmenge des „Regelfalls“ ausgeschöpft, unterlag die kontinuierliche Weiterbehandlung (Verordnung „außerhalb des Regelfalls“) dem Genehmigungsvorbehalt der Krankenkasse. Mit der Einführung der Verordnungsfallsystematik muss nach Erreichen der orientierenden Behandlungsmenge die Notwendigkeit einer weiterführenden Therapie in der Patientenakte dokumentiert werden.
Mehr Übersichtlichkeit im Heilmittel-Katalog bringt die Zusammenfassung von Diagnosegruppen. Das wird vor allem im Bereich der Physiotherapie deutlich, wo sich die Anzahl von ursprünglich 22 Diagnosegruppen auf 13 Diagnosegruppen verringert.
Zudem wird innerhalb der Diagnosegruppen nicht mehr zwischen kurz-, mittel- und längerfristigen Behandlungsbedarf unterschieden. Des Weiteren entfällt die sogenannte Aufrechnung der Verordnungsmengen von vorherigen Verordnungen für verwandte Diagnosegruppen und auch ein Wechsel zwischen verwandten Diagnosegruppen ist nicht mehr nötig (z. B. von WS1 zu WS2). Es wird nur noch zwischen „vorrangigen“ und „ergänzenden“ Heilmitteln unterschieden – die optionalen wurden in die vorrangigen Heilmittel integriert.
Es können bis zu drei vorrangige sowie ein ergänzendes Heilmittel gleichzeitig verordnet werden, z.B. bei Wirbelsäulenerkrankungen je 2 Behandlungseinheiten KG-Gerät, MT und KG Gruppe und als ergänzendes Heilmittel z.B. 6x Wärmetherapie.
Es können mehrere unterschiedliche Leitsymptomatiken auf einer Verordnung angegeben werden. Dafür sind gesonderte Ankreuzfelder vorgesehen. Alternativ kann eine patientenindividuelle Leitsymptomatik, die für die Heilmittelbehandlung handlungsleitend ist, formuliert und im Freitextfeld angegeben werden. Voraussetzung ist, dass diese Angaben der jeweiligen Diagnosegruppe zugeordnet werden können.
Der späteste Behandlungsbeginn wird von bisher 14 auf 28 Tage erweitert. Zusätzlich kann der Arzt einen dringlichen Bedarf (innerhalb von 14 Tagen) auf der Verordnung vermerken. Dafür wurde ein Feld geschaffen, welches angekreuzt werden kann, wenn die Erkrankung einen früheren Behandlungsbeginn erfordert.
Der G-BA hat auch Regelungen für den Übergang von alter zu neuer Heilmittel-Richtlinie getroffen. Danach behalten die Verordnungen, die vor dem 1. Januar 2021 ausgestellt wurden, solange ihre Gültigkeit, bis alle Behandlungseinheiten erbracht sind. Die Verordnungen mit Ausstellungsdatum nach dem 1. Januar 2021 gelten als neuer Behandlungsfall.
Ein Verordnungsfall bezieht sich immer auf denselben behandelnden Arzt und umfasst alle Heilmittelbehandlungen für einen Patienten aufgrund derselben Diagnose (d.h. die ersten drei Stellen des ICD-10-GM-Codes sind identisch) und derselben Diagnosegruppe nach Heilmittelkatalog. Dies gilt auch, wenn sich innerhalb des Verordnungsfalles die Leitsymptomatik ändert oder unterschiedliche Heilmittel zum Einsatz kommen. Es können mehrere Verordnungen im Rahmen eines Verordnungsfalles getätigt werden.
Ein Verordnungsfall beginnt mit der Ausstellung einer neuen Verordnung und endet ein halbes Jahr nach der zuletzt ausgestellten Verordnung. Das bedeutet, falls das Datum der letzten Verordnung sechs Monate oder länger zurück liegt, wird ein neuer Verordnungsfall ausgelöst.
Ja, die Software weist den Anwender daraufhin, sobald mit dem eingegebenen Wert der Behandlungseinheiten die vorgegebene „Orientierende Behandlungsmenge“ überschritten wird.
Die Formulierung „Orientierende Behandlungsmenge“ soll hervorheben, dass sich der Arzt bei der Heilmittelverordnung an dieser Menge orientiert, aber je nach medizinischem Bedarf des Patienten davon abweichen kann. Für Verordnungsfälle, bei denen die "Orientierende Behandlungsmenge" überschritten wird, ist keine Begründung auf der Verordnung erforderlich. Eine Dokumentation mit den individuellen medizinischen Gründen in der Patientenakte für den höheren Heilmittelbedarf ist ausreichend.
Nein, es entfällt das sogenannte „behandlungsfreie Intervall“. Das bedeutet, eine kontinuierliche Behandlung ohne vorherige Genehmigung der Krankenkasse ist möglich. Das Datum der letzten Heilmittelverordnung ist entscheidend. Liegt es noch keine sechs Monate zurück, wird der bisherige Verordnungsfall fortgeführt. Die „Orientierende Behandlungsmenge“ gilt ebenfalls fort, wobei auch darüber hinaus verordnet werden kann, wenn es medizinisch erforderlich ist.
Liegt das Datum sechs Monate oder länger zurück, wird ein neuer Verordnungsfall ausgelöst.
Beispiel: Der Arzt hat zweimal aufeinander folgend je sechs Einheiten Krankengymnastik verordnet. Die Behandlung ist abgeschlossen und der Patient ist zufrieden. Der Patient kommt dann aber nach drei Wochen wieder in die Praxis mit denselben Beschwerden und benötigt nochmals Physiotherapie. -> Es ist dann noch derselbe Verordnungsfall!
Der Arzt muss lediglich bei Überschreitung der „Orientierenden Behandlungsmenge“ darauf achten, die Gründe dafür in der Patientenakte zu dokumentieren.
Ein Verordnungsfall endet sechs Monate nach dem Verordnungsdatum, sofern der Arzt in dieser Zeit keine weitere Verordnung aufgrund derselben Erkrankung für denselben Patienten ausstellt.
Die Einführung der Blankoverordnung ist noch nicht abschließend geregelt. Voraussichtlich besteht frühstens ab dem 2. Quartal 2021 die Möglichkeit bei bestimmten Indikationen (auf Grundlage § 125a SGB V Heilmitteltherapie) für Heilmittel eine Blankoverordnung auszustellen. Der Heilmittelerbringer entscheidet dann selbstständig über Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten. Die Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit von Verordnungen liegt dann bei den Therapeuten. Im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung werden sie aus dem ärztlichen Verordnungsvolumen herausgerechnet.
In medizinisch begründeten Ausnahmefällen kann dasselbe Heilmittel auch als zusammenhängende Behandlung (Doppelbehandlung) verordnet und erbracht werden. Dies gilt nicht für ergänzende Heilmittel, standardisierte Heilmittelkombinationen und Podologie. Im Bereich der Ernährungstherapie dürfen mehrere Einheiten pro Tag erbracht werden, sofern dies therapeutisch notwendig ist.