Medizinische Beratung

Die Medizinische Beratung der KVMV berät Ärzte leitliniengerecht zu medizinischen, pharma- kologischen, wissenschaftlichen und verordnungsrelevanten Themen der ärztlichen Tätigkeit. Im Mittelpunkt steht die Verordnung von Leistungen zu Lasten der GKV entsprechend der gesetz- lichen Regelungen. Die Beratung der Verwaltung und des KV-Vorstandes, Gremienarbeit, Ent- wicklung von Arbeitshilfen und Öffentlichkeitsarbeit sind weitere Schwerpunkte der Abteilung.

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Arbeitsunfähigkeit

14.12.2023 | Arbeitsunfähigkeit
Telefonische Krankschreibung jetzt dauerhaft möglich

Seit dem 7. Dezember 2023 haben Vertragsärzte die Möglichkeit, nach einer telefonischen Anamnese die erste  Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für bis zu fünf Kalendertage auszustellen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Mehr lesen...

Die Feststellung und Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit erfolgt nur auf Grund einer ärztlichen Untersuchung. Hierbei ist der körperliche, geistige und seelische Gesundheitszustand zu berücksichtigen.

Die Arbeitsunfähigkeit wird auf dem Vordruck e01 für die Zeit des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bescheinigt.
Wenn nach dieser Zeit weiterhin Arbeitsunfähigkeit besteht, wird diese ebenfalls auf Vordruck e01 bescheinigt. Diese Bescheinigung muss, wenn sich der Patient in stationärer Behandlung befindet und die Ausstellung notwendig wird, der zuständige Krankenhausarzt ausfüllen.

Die Arbeitsunfähigkeit auf Vordruck e01 soll nicht für einen Zeitraum vor der ersten Inanspruchnahme datiert werden. Eine rückwirkende Bescheinigung bis zu 3 Tagen ist nur ausnahmsweise zulässig. Liegt an arbeitsfreien Tagen eine Arbeitsunfähigkeit vor, ist sie auch für diese Tage zu bescheinigen.

Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit soll nicht für mehr als zwei Wochen im Voraus bescheinigt werden. Aus Gründen, die in der Krankheit oder einem besonderen Krankheitsverlauf liegen, darf die Arbeitsunfähigkeit für die Dauer von einem Monat im Voraus attestiert werden.

1. Allgemeine praxisrelevante Paragraphen des SGB V

Krankengeld (§§ 44-52)

2. Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses

Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie

Die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit ist für den Versicherten von großer arbeitsrechtlicher, sozialversicherungsrechtlicher und wirtschaftlicher Relevanz. Mit der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (AU-RL) werden bundeseinheitliche Festlegungen getroffen, um entsprechend dieser Bedeutung und zur korrekten Anwendung der Vorgaben des SGB V Arbeitsunfähigkeit festzustellen und zu bescheinigen.

Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

 Die eAU (Vordruck e01) ist die digitale Form der bisherigen papiergebundenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Seit 1. Januar 2022 ist der Versand der eAU an Krankenkassen verpflichtend und seit 1. Januar 2023 stellen die Krankenkassen den Arbeitgebern die AU-Daten elektronisch zur Verfügung. Das korrekte Ausfüllen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Vordruck e01) ist Voraussetzung für die Erlangung der gesetzlich festgelegten Leistungen. Detailfragen zu diesem Vordruck finden Sie in den Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung (siehe oben).

Erst- bzw. Folgebescheinigung

Das Kästchen „Erstbescheinigung“ wird bei der Erstfeststellung der AU durch den Arzt gesetzt. Werden nachfolgende AU-Bescheinigungen ausgestellt, so handelt es sich um Folgebescheinigungen. Dies gilt auch, wenn der Patient wegen der gleichen Erkrankung von weiteren Ärzten mit- oder weiterbehandelt wird und diese die weiter bestehende AU bescheinigen müssen. Entsprechend der geltenden Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (AU-RL), die vom Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (G-BA) beschlossen wurde, ist beim unmittelbaren Aufeinanderfolgen von AU durch zwei  unterschiedliche Krankheiten die nachfolgende AU-Bescheinigung eine Erstbescheinigung.

Arbeitsunfall und -folgen, Berufskrankheit

„Arbeitsunfall/-folgen, Berufskrankheit“ ist bei Vorliegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit anzukreuzen. „Dem Durchgangsarzt zugewiesen“ wird zusätzlich angekreuzt, wenn dies zur Behandlung von Arbeitsunfallfolgen bzw. Berufskrankheiten gemäß dem Vertrag Ärzte/Unfallversicherer §26 notwendig ist.

Arbeitsunfähig seit …

Es erfolgt der Eintrag des Datums, von dem an entsprechend der ärztlichen Befundung die AU besteht. Laut AU-RL, § 5 Absatz 3, ist eine „ … Rückdatierung des Beginns der AU auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ist ebenso wie eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der AU nur ausnahmsweise und nur nach gewissenhafter Prüfung und in der Regel nur bis zu drei Tagen zulässig …“. Diese Zeile muss bei Folgebescheinigungen nicht zwingend ausgefüllt werden.

Voraussichtlich arbeitsunfähig bis einschließlich/letzter Tag der AU

Nach Erheben des Befundes setzt der Arzt das Datum ein, bis zu dem voraussichtlich AU besteht. Entsprechend der AU-RL und der geltenden Vordruckerläuterung soll die Dauer der Arbeitsunfähigkeit nicht für einen mehr als zwei Wochen im Voraus liegenden Zeitraum bescheinigt werden. Ist es auf Grund der Erkrankung oder eines besonderen Krankheitsverlaufs sachgerecht, kann die Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von einem Monat bescheinigt werden. AU ist z.B. auch an Samstagen, Sonn-, Feier- und Urlaubstagen oder arbeitsfreien „Brückentagen“ aufgrund einer flexiblen Arbeitszeitregelung zu bescheinigen.

Festgestellt am …

Es ist der Tag einzusetzen, an dem die AU für die betreffende aktuelle AU-Bescheinigung ärztlich festgestellt wurde. Das Feststelldatum ist wichtig für einen lückenlosen Nachweis des Fortbestehens einer AU. Hierbei gilt es unbedingt zu beachten, dass die weitere AU spätestens an dem auf das bisher attestierte voraussichtliche Ende der AU folgenden Werktag erneut ärztlich festgestellt wird. Samstage gelten in diesem Sinne nicht als Werktage. Bei einer verspäteten Feststellung der AU droht dem Versicherten der Verlust des Krankengeldes.

Felder für „AU-begründende Diagnose(n)“

Hier sind in den Feldern  alle Diagnosen anzugeben, aufgrund derer die aktuelle AU besteht.  Ergänzende Angaben als Freitext sind nur zulässig, wenn Hinweise notwendig werden, die nicht mittels ICD-Kodierung verschlüsselbar sind.

Sonstiger Unfall, Unfallfolgen

Hier ist anzukreuzen, wenn ein Unfall sonstiger Art, aber kein Arbeitsunfall die AU bedingt.

Versorgungsleiden

Das sind Krankheiten oder Schäden, bei denen der Versicherte auf Grundlage verschiedener Gesetze anerkannte Ansprüche gegenüber dem Versorgungsamt hat. Solche sind z.B. Schäden durch Gewalttaten oder Impfschäden.

Einleitung besonderer Maßnahmen

Wenn aus Sicht des Arztes Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, stufenweisen Wiedereingliederung oder sonstige Maßnahmen notwendig sind, muss das entsprechende Kästchen markiert werden. Wenn möglich, sollte gleichzeitig die entsprechende Verordnung bzw. der Antrag ausgefüllt werden.

Im Krankengeldfall

Das Fortbestehen der AU ab der siebten AU-Woche oder ein sonstiger Krankengeldfall ist im Kästchen 10 durch Ankreuzen zu attestieren. Die Entscheidung, ob dem Versicherten Krankengeld zusteht, fällt in dessen Krankenkasse.

Endbescheinigung

Das Kästchen 11 ist dann anzukreuzen, wenn mit dem unter „voraussichtlich arrbeitsunfähig bis einschließlich oder letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit“ eingetragenen Datum die AU endet.

Die Formatvorlage wird im Praxisverwaltungssystem ausgefüllt, signiert und elektronisch an die Krankenkassen übermittelt. Die Krankenkassen stellen die Arbeitsunfähigkeitsdaten den Arbeitgebern digital zum Abruf bereit. Patienten sind weiterhin dazu verpflichtet, ihren Arbeitgeber über ihre Krankschreibung zu informieren. Eine DIN A4 oder DIN A5-Papierbescheinigung wird im Regelfall nur noch für den Patienten ausgedruckt.

In Ausnahmefällen können Arztpraxen die AU-Bescheinigungen für Arbeitgeber auf Wunsch des Patienten weiterhin ausdrucken und unterschreiben.

Der Patient ist im Vorfeld der Videosprechstunde über die eingeschränkten Möglichkeiten der Befunderhebung aufzuklären. Eine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit mittels Video kann nur erfolgen, wenn die Erkrankung eine Abklärung per Videosprechstunde zulässt.

Bei bekannten Patienten ist eine Erstbescheinigung für maximal sieben Kalendertage möglich, danach muss der Patient die Praxis aufsuchen. Bei unbekannten Patienten ist eine Krankschreibung bis zu 3 Kalendertagen möglich.

Eine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit über Videosprechstunde ist nur dann zulässig, wenn die vorherige Krankschreibung auf Grundlage einer unmittelbaren persönlichen Untersuchung erstellt wurde. Ein Anspruch des Patienten auf die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der Videosprechstunde besteht nicht.

Aus dem Praxisalltag

  • Eine Erkrankung führt dazu, dass die zuletzt ausgeführte Tätigkeit nicht mehr oder unter der Gefahr der Verschlimmerung dieser ausgeführt werden kann.
  • Es liegt ein Krankheitszustand vor, der alleinig noch kein Grund für eine Arbeitsunfähigkeit darstellt, der aber bei weiterer Ausübung der Tätigkeit zur Arbeitsunfähigkeit führen wird.
  • während stufenweiser Wiedereingliederung
  • bei befristeter Eingliederung eines arbeitsunfähigen Versicherten in eine Werkstatt für behinderte Menschen während Arbeitstherapie und Belastungserprobung

Diese Richtlinie gilt für alle Versicherte der GKV.
Spezielle Bewertungen sind bei folgenden Versicherten zu beachten:

  • Arbeitslose, wenn sie krankheitsbedingt nicht in der Lage sind, leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang zu verrichten, für den sie sich bei der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestelt haben
  • arbeitslose Bürgergeld-Empfänger:
    Diese sind dann arbeitsunfähig, wenn sie krankheitsbedingt nicht in der Lage sind, mindestens 3 Stunden täglich zu arbeiten oder an einer Eingliederungsmaßnahme teilnehmen können.
  • Rentner, wenn sie eine Erwerbstätigkeit ausüben
  • Versicherte ohne Ausbildungsberuf (An- und Ungelernte), deren Beschäftigungsverhältnis nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit endet:
    Arbeitsunfähigkeit besteht nur dann, wenn sie die letzte oder eine ähnliche Tätigkeit nicht mehr ausüben können oder die Weiterbeschäftigung die Gefahr der Verschlimmerung der Krankheit in sich birgt.
  • behinderte Menschen mit einem Beschäftigungsverhältnis in Werkstätten für behinderte Menschen oder Blindenwerkstätten
  • weiterhin für Versicherte bei Durchführung von:
    • medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft
    • durch Krankheit erforderlicher Sterilisation
    • nach Voraussetzung des § 218 Abs 1 StGB (Beratungsregelung) durchgeführtem Schwangerschaftsabbruch
    • Dialyse und extrakorporaler Apherese, wenn diese nur während der Arbeitszeit möglich ist und nur für den Zeitraum von Anfahrt, Behandlungsdauer und Nachruhe
    • von Reparatur oder Ersatz von Hilfsmittel, die für die Tätigkeit oder für das Erreichen des Arbeitsplatzes notwendig sind (z.B. Rollstuhl, Prothesen u.a.)
  • Betreuung eines erkrankten Kindes
  • ärztliche Behandlungen zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken z.B. Früherkennungsuntersuchungen (außer die ärztliche Behandlung selbst führt zu einer Arbeitsunfähigkeit)
  • Inanspruchnahme von Heilmitteln
  • bei Teilnahme an ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation oder rehabilitativen Leistungen anderer Art (z.B. Koronarsportgruppen)
  • sonstige Arztkonsultationen
  • ambulante und stationäre Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen (außer es bestand vor der Maßnahme Arbeitsunfähigkeit oder eine interkurrente Erkrankung tritt bei der Maßnahme ein)
  • bei Beschäftigungsverboten nach Infektionsschutzgesetz oder Mutterschutzgesetz
  • nicht krankheitsbedingte Eingriffe (z.B. kosmetische Operationen, Sterilisation aus anderen Gründen)
  • zur Organisation einer bedarfsgerechten Pflege für nahe Angehörige

Arbeitslose schwangere Frauen

Arbeitslose schwangere Frauen sind dann arbeitsunfähig, wenn sie ohne Gefährdung für sich oder das ungeborene Kind nicht in der Lage sind, leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich auszuüben.

Organ- und Gewebespender, Blutstammzellspender

Sowohl gesetzlich als auch nicht gesetzlich krankenversicherte Spender von Organen oder Geweben haben einen Anspruch auf Krankengeld, wenn eine im Rahmen des Transplantationsgesetzes erfolgende Spende von Organen oder Geweben sowie von Blutstammzellen (Blutstammzellenspende wie auch Knochenmarkspende) an Versicherte sie arbeitsunfähig macht.

Der Beschluss zur Änderung und die tragenden Gründe sind im Internetangebot des G-BA nachzulesen.

Der Arzt ist verpflichtet, dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) innerhalb von drei Werktagen auf Anfrage Auskunft zu erteilen und krankheitsspezifische Unterlagen bereitzustellen, sofern diese für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des MDK notwendig sind.

Das Gutachten des MDK ist grundsätzlich verbindlich.

Der behandelnde Arzt hat bei Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit durch den MDK das Recht, unverzüglich nach Kenntnisnahme des Gutachtens schriftlich bei der zuständigen Krankenkasse den Antrag auf ein Zweitgutachten zu stellen.

Die Krankenkassen können auf vereinbarten Vordrucken Anfragen beim behandelnden Arzt nach frühestens 21 Tagen Arbeitsunfähigkeit eines Patienten stellen. Diese sind innerhalb von 3 Werktagen zu beantworten.

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